Wird bei einem Säugling eine congenitale Katarakt (angeborener Katarakt) diagnostiziert, ist eine schnellstmögliche Entfernung der trüben Augenlinse zwingend erforderlich, um eine – soweit es die anatomischen Gegebenheiten zulassen – normale Sehentwicklung zu ermöglichen. Da das Augenwachstum im Säuglingsalter noch lange nicht abgeschlossen ist, entscheidet man sich in den allermeisten Fällen für eine Kontaktlinsenversorgung, da die Stärke der Intraokularlinse für das ausgewachsene Auge nicht vorausberechnet werden kann. Somit wäre entweder eine hohe Unterkorrektur im Kindesalter notwendig, die mit einer zusätzlichen Brille korrigiert werden müsste oder ein späterer Linsenaustausch erforderlich, der wegen der damit verbundenen Risiken mehr Nachteile bringt als eine Kontaktlinsenversorgung.
Grundsätzlich stehen sowohl weiche (zurzeit nur als Hydrogel oder Silikon) als auch formstabile Linsen zur Verfügung. Für Hydrogel- und formstabile Kontaktlinsen wird von Anfang an das tägliche Ein- und Aussetzen eingeübt, das Übernachttragen ist nur in Ausnahmesituationen unter strenger Aufsicht des Kontaktlinsenanpassers erlaubt.
Silikonlinsen sind zwar zum Dauertragen bis zu 4 Wochen zugelassen, sind aber wegen der empfindlichen Oberfläche mit starker Ablagerungsneigung und der groben Stärkenabstufungen nur dann sinnvoll, wenn das tägliche Ein- und Aussetzen nicht klappt.
Die Auswahl des bevorzugten Linsentyps hängt wesentlich von den äußeren Faktoren ab, wie z. B. dem Umstand, ob die Neuanpassung bereits im OP in Narkose stattfinden kann oder erst nach der OP im Wachzustand. Ist die möglich, die wichtigsten Daten wie Geometrie, Stärke und Durchmesser in Narkose zu bestimmen, so ist der Anpassung von formstabilen Kontaktlinsen grundsätzlich der Vorzug zu geben. Die Kontaktlinsenparameter im Wachzustand exakt zu bestimmen, ist bedingt durch die Unruhe der Säuglinge wesentlich schwieriger, sodass hier weiche Kontaktlinsen besser geeignet sind.
Etwa ab dem zweiten oder dritten Lebensjahr wird die Umstellung auf formstabile Kontaktlinsen angestrebt. Da der Erfolg der Umstellung wesentlich von der Mitarbeit des Kindes abhängt, wird dieser Schritt erst dann vorgenommen, wenn die Mitarbeit gewährleistet ist.
Die Stärke der Kontaktlinsen wird zunächst so eingestellt, dass sich der Punkt des schärfsten Sehens in der Greifentfernung des Säuglings, also in ca. 30 cm befindet. Die erforderlichen Stärken liegen im Bereich von +30dpt mit allerdings großen Streubreiten, im Extremfall können Stärken nahe +50dpt erforderlich sein.
Da der Augapfel beim Säugling bzw. Kleinkind schnell wächst, sind regelmäßige, kurzfristige Kontrollen wichtig, um eine Stärkenänderung rechtzeitig zu erkennen. Im Alter von sechs Monaten wird die Stärke dann auf etwa 50cm eingestellt. Sobald das Kind sicher laufen kann (ca. im 14. bis 18. Lebensmonat), wird die Kontaktlinse auf die Ferne eingestellt. Dann ist bei intakter Binokularfunktion eine zusätzliche Bifokalbrille erforderlich, um ein scharfes Sehen in der Nähe zu ermöglichen. Bei alternierendem Sehen ist im Einzelfall auch Monovision sinnvoll, insbesondere wenn die Brille nicht akzeptiert wird.